Austellung 1. Oktober - 9. November 97

Peter Fischli/David Weiss
"Ohne Titel", 1997

Seit 1979 arbeiten die beiden Künstler Peter Fischli (*1952) und David Weiss (*1946) zusammen, und seit diesen Anfängen gilt ihr Augenmerk dem Alltäglichen, dem glanzlos Banalen. Es ist ein lustvoller Forschergeist, der sie treibt und der uns als überraschte Betrachter mitzieht in ihre entwaffende Aufarbeitung der uns umgebenden Welt.

Eine ihrer ersten Ausstellungen trug den Titel «Plötzlich dieseUebersicht» (1981) und bestand aus Hunderten von kleinen, ungebranntenLehmfiguren, die Szenen der «Weltgeschichte» festhielten, natürlichgefiltert durch die übereifrige Brille von Menschen, die alles etwas zu wörtlichnehmen. Es ist dieser Hang zur Universalität, zum Enzyklopädischen, verbundenmit einer Vorliebe für quere methodik und nicht zu bremsendem Eifer, der diebeiden Künstler als eine heutige, schweizerische Version von Flauberts Bouvardet Pécuchet zu immer neuen gross angelegten Abendenteuern treibt.

Und wir, das Publikum, sind ihm mittlerweile hingebungsvoll erlegen, diesem spezifischen«Fischli/Weiss-Ton», einer Mischung aus Demut und tollkühnerNeugier, mit dem die Künstler vorzeigen, dass der Mensch ohne den Willen dieWelt zu verstehen, nicht sein kann. Dabei steckt das Leben voll unerwarteter Wunder,man muss bloss alle vorgefassten erhabenen Erklärungsmuster zuerst in Fragestellen.

In Saint-Gervais Genève ist nun jene unscheinbar spektakuläre, fasthundert Stunden Videofilm umfassende Arbeit zu sehen, die Fischli/Weiss in langenMonaten geschaffen haben, um sich 1995 im Schweizer Pavillon der Biennale in Venedigzu präsentieren.

Befreit vom Funktionszwang, ohne Kommentare, ohne in den Dienst einer besonderenDramaturgie gestellt worden zu sein, laufen die Bilder über die Bildschirme:Wir fahren auf der Autobahn, wir schauen einem Bauern beim Melken zu, unternehmeneine nächtliche fahrt auf der Schneeschleuder einer Alpenbahn, schlendern imHerbst durch den Wald und beobachten die Strassenwischer im Blättermeer, dasWollschwein im Stall, den Pizzabäcker im Restaurant; wir verbringen viel Zeitin einem Kieswerk, bei einem Verlorenen, am Flughafen Frankfurt, in der Tierklinik,besuchen das Schweizer Militär sowie die Disco und bestellen im Aussichtsrestaurantauch einmal ein Meringue.

Es ist ein «interesseloses Wohlgefallen», das alle Schauplätze,Ereignisse une Nonereignisse als Fluidum verbindet, damit sie sich ununterbrochenin leicht hypnotischer Wirkung aus dem Bildschirm ergiessen können. Als Strom,der weder einfach aufzuhalten noch je ganz erfassbar wäre.

© Kunsthaus Zürich

Pressekit

Austellung