Sammlung antike Kleinkunst

 
         
 


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Antike Kleinkunst in der Universität Konstanz

(Sammlung Dufner und Sammlung georgischer Altertümer)

Entwurf der Vitrinen, Konzeption der Ausstellung und Betreuung:

Dr. Peter Chr. Wagner, Tel.: 07531-88-2849.

April 2000: Archäologische Neuerwerbung

Die Bibliothek der Universität Konstanz hat außer Büchern auch eine museale Sammlung antiker Kleinkunst zu bieten, die in vitrinenartigen Nischen im Buchbereich G (Geisteswissenschaften) zu sehen ist. Diese Sammlung besteht aus zwei Beständen: der ehemaligen Privatsammlung Dufner sowie einer Sammlung georgischer Altertümer.

Die Privatsammlung von Dr. Wolfram Dufner, einem aus Konstanz gebürtigen Diplomaten, der zuletzt Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Schweiz war, kam aufgrund seiner persönlichen Kontakte zum damaligen Rektor Prof. Dr. Horst Sund und dessen Einsatzes in den Besitz der Universität und ist seit 1989 öffentlich ausgestellt. Die Universität, und damit die Öffentlichkeit, sind auf diese Weise in den Genuß privaten Sammelfleißes und Engagements gekommen.

Die Sammlung Dufner umfaßt mehr als 100 Objekte antiker Kleinkunst aus Kleinasien, Syrien und Zypern. Ihr zeitlicher Rahmen erstreckt sich über annähernd 3.000 Jahre - etwa von der Mitte des 3. Jahrtausends v.Chr. bis ins 5./6. Jahrhundert n.Chr. - und schließt die unterschiedlichsten Kulturen ein: die prähistorische Yortan-Kultur im Hinterland von Troja (ca. 2600 - 2300 v.Chr.), die hethitische (Abb. 1) und syrohethitische Kultur (2. Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr.), die mykenische (Objekte des 13./12. Jahrhunderts v.Chr.), die griechische - Gegenstände des 8. - 1. Jahrhunderts v.Chr. (Abb. 2) - und die römische Kultur. Die beiden Hauptgruppen der Sammlung Dufner sind Keramikgefäße und Glasfläschchen in unterschiedlichster Formgebung und Ausprägung. Hinzu kommen Terrakottafigürchen, Bronzeobjekte, Tonlampen sowie Halsketten und Armringe aus Glas. Einige Objekte haben hohen Seltenheitswert wie z.B. die schwarze Schnabelkanne (Nr. 2) in Form einer stilisierten Ente aus der Yortan-Kultur, der hethitische Stierkopf aus Ton mit leuchtend rotem, glasiertem Überzug (Nr. 7), der mykenische Bronzefrosch (Nr. 16) oder die drei bunten Glasperlenketten (Nr. 107-109) aus hellenistischer Zeit (3. - 1. Jahrhundert v. Chr.).

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Stierkopf

Abb. 1:
Hethitischer Stierkopf aus glasierter Keramik
(Nr. 7); Höhe 12 cm.

Insbesondere der hethitische Stierkopf (Abb 1) ist ikonographisch von höchstem Interesse und soll deshalb hier gesondert vorgestellt werden: Es handelt sich um das Fragment einer ganzen Stierfigur. Das Wesen eines Stiers spricht unmittelbar aus dieser Darstellung, die zwar nicht naturgetreu ist, jedoch die charakteristischen Merkmale deutlich ausgeprägt zeigt: mächtige, gebogene Hörner, plastisch heraustretende Glotzaugen - die Pupillen waren ursprünglich aus anderem Material eingelegt - und geblähte Nüstern. Die Stirnhaare sind durch eingeritzte Zickzacklinien wiedergegeben. Unverständlich mutet auf den ersten Blick ein durch die Nase nach oben gezogener Ring und ein damit verbundenes, im Nacken aufliegendes Band an, beides in gelber Farbe gemalt. Ein Nasenring müßte doch nach unten hängen. Doch gerade dieses Merkmal sichert die Ergänzung und die inhaltliche Deutung des Stierkopfes: Zwei ganz erhaltene 90 cm hohe Tonstiere aus der Königsburg von Hattuscha belegen, daß es sich hierbei um ein aufgezäumtes Halfter handelt[1]. Diese beiden Stiere bildeten ein Paar und sind als Zugstiere zu verstehen. Angaben in der hethitischen Literatur ermöglichen sogar eine genaue Identifizierung: Nach Kurt Bittel dürfte es sich um das heilige Stierpaar Scheri und Hurri des Wettergottes Teschup handeln, die den Wagen des Wettergottes ziehen. Auch der Stierkopf der Sammlung Dufner hat zu einem solchen religionsgeschichtlich und ikonographisch höchst bedeutsamen Stierpaar gehört, was seinen Seltenheitswert noch steigert.

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Abb. 2:
Terrakottakopf des jugendlichen
Dionysos aus Mysien (Nr. 61),
2. Jahrh. v. Chr.; Höhe 8 cm.
Kopf

Die Sammlung Dufner weist einerseits eine große Variationsbreite auf und ist andererseits eine Spezialsammlung, die in ihrer geographischen Ausrichtung in Deutschland Seltenheitswert hat. Bezeichnenderweise war sie von 1977-1986 als Leihgabe im "Liebieghaus, Museum Alter Plastik" in Frankfurt am Main aufbewahrt, wo die Vasen in das von der UNESCO betreute "Corpus Vasorum Antiquorum" aufgenommen wurden. Die Präsentation der Sammlung in der Bibliothek der Universität Konstanz hat kabinettartigen Charakter und läßt die einzelnen Kunstwerke, die oft - wie die fragilen Glasgefäße - Miniaturformat haben, besser zur Geltung kommen, als dies in einem großen Museum mit seiner Fülle an Objekten möglich ist.

Im Jahre 1990 kam eine Sammlung georgischer Altertümer hinzu, die der Universität im Rahmen eines Kooperationsvertrages von der Georgischen Akademie der Wissenschaften in Tbilissi (Tiflis) überlassen wurde. Die neuausgestellten Sammlungsstücke stammen aus den Grabungen von Prof. Dr. Otar Lordkipanidze in Georgien, und zwar aus dem westlichen und aus dem mittleren Landesteil, den antiken Landschaften Kolchis und Iberien. Erstmals sind damit georgische Altertümer in größerer Zahl in der Bundesrepublik Deutschland vertreten. Die Objekte umfassen einen Zeitraum vom 15./14. Jahrhundert v.Chr. bis zum 6./7. Jahrhundert n.Chr. Im wesentlichen handelt es sich um Keramikgefäße unterschiedlichster Form und Machart, um Bronze- und Eisenobjekte - Waffen, Werkzeuge und Schmuckstücke - sowie um Glasgefäße und Halsketten aus Glas. Besonders hervorzuheben sind zwei kolchische Silbermünzen (Nr. 184-185) des 4./3. Jahrhunderts v.Chr. und mehrere Gipsabdrücke von Gemmen mit Figuren- und Tierszenen (Nr. 174-183). Seltenheitswert haben z.B. auch eine Gußform für Metallperlen (Nr. 150) oder eine Kette aus Bronze-Glöckchen (Nr. 164). Aber auch das Fragment eines Blasebalgs (Nr. 146) verdient Aufmerksamkeit: Es stammt von einem Eisenschmelzofen, der an das Ende des 2. Jahrtausends v.Chr. datiert wird, und dokumentiert den hohen technologischen Entwicklungsstand, den Georgien schon zu einem frühen Zeitpunkt erreichte.

Georgien war im Altertum für sein Eisen, mehr aber noch für sein Gold bekannt. Dieser sagenhafte Goldreichtum und die Beziehungen zur griechischen Welt haben ihren Niederschlag in der griechischen Mythologie gefunden, und zwar in der Sage von den Argonauten, die unter Jasons Führung nach Kolchis segeln, um das goldene Vlies zu rauben.

Zwei einzelne Zugänge aus Privatbesitz - eine reliefverzierte achämenidische Gewichtplatte (Nr. 111) und eine byzantinische Tonlampe (Nr. 110) - stellen eine Bereicherung der Sammlung antiker Kleinkunst in der Bibliothek dar und runden das Bild ab. Zu besichtigen sind die Ausstellungsstücke während der normalen Öffnungszeiten in der Bibliothek , Montag - Freitag 8 - 23 Uhr, Samstag 9 - 23 Uhr.

[1] Kurt Bittel: Hattuscha, Hauptstadt der Hethiter (Köln 1983) 98f. Abb. 59. 60 Taf. 5.

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Archäologische Neuerwerbung

Die im Buchbereich G der Bibliothek ausgestellte Sammlung antiker Kleinkunst der Universität hat durch eine Schenkung aus Privatbesitz eine bedeutsame Bereicherung erfahren, wofür auch an dieser Stelle ausdrücklich zu danken ist: Es handelt sich um zwei Keramikgefäße und ein Glasfläschchen aus dem alten Persien sowie um ein Gefäßfragment und ein Öllämpchen aus Ägypten. Sie sind mit den Inventarnummern 189 - 193 in der Vitrine auf Ebene G 6a ausgestellt.

Abb. 3: Neuerwerbungen (Nr. 189 - 193)

Die beiden persischen Tongefäße - ein 8 cm hoher Becher und ein 16 cm hoher Krug - erweisen sich durch ihre Machart und die präzise stilistische Formschönheit als zusammengehörig. Sie sind sehr dünnwandig und bestehen aus hellrotem bzw. hellbraunem, gemagertem Ton mit grauem bzw. dunkelrotem Überzug (z.T. abgeblättert). Formvergleiche legen eine Datierung ungefähr in die 2. Hälfte des 2. Jahrtausends bis ins frühe 1. Jahrtausend v. Chr. nahe. Der gute Erhaltungszustand der Gefäße lässt, in Parallele zu anderen Fällen, vermuten, dass sie zur Ausstattung eines Grabes gehörten. Sie stammen somit aus der prähistorischen Epoche Persiens, die durch verschiedene Fundstätten in unterschiedlicher Dichte belegt ist.

Das kleine hellgrüne Glasfläschchen (Höhe 6 cm) nimmt durch seine doppelkonische, gerippte Form eine Sonderstellung in der antiken Glasproduktion ein. Solche Flacons dienten als Balsamarien, also zur Aufbewahrung wohlriechender Öle oder Salben. Am ehesten ist an eine Entstehung in spätantiker Zeit zu denken, wobei offen bleiben muss, ob es in Persien selbst entstand oder importiert wurde, z. B. aus Syrien oder Mesopotamien. Auf jeden Fall ist das neu erworbene Glasfläschchen bemerkenswert, denn antike Glasfunde sind in Persien (mit Ausnahme der Achämenidenzeit) eher selten!

 

Aus Ägypten stammt das Keramikfragment  aus hellem Ton (max. Höhe 5 cm, max. Breite 8,4 cm). Auffällig ist der durchbrochen gearbeitete Dekor des Bodens in Form eines ineinander versetzten vierarmigen Kreuz- und Sternmusters mit Zickzackverzierung. Diese Dekoration ist sehr ungewöhnlich. Als Anhaltspunkt zur Bestimmung lässt sich allenfalls anführen, dass das Motiv zweier ineinander gesetzter Kreuze in der koptischen Kunst als Medaillonform auf Grabsteinen und Gebäudefriesen zu finden ist, was eine Datierung ungefähr ins 4. - 8. Jahrhundert n. Chr. vermuten lässt.
Diese Einschätzung wird auch von Prof. Dr. Helmut Satzinger, dem Direktor der Ägyptisch-Orientalischen Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien, geteilt. Seiner Meinung nach handelt es sich um ein Sieb. Herrn Prof. Satzinger sei für seine Stellungnahme herzlich gedankt! 

In die Epoche des islamischen Mittelalters in Ägypten gehört schließlich die kleine Lampe aus grünglasiertem Ton (Höhe 7 cm, Breite 10 cm). Sie diente als Öllämpchen. Der durch einen zylindrischen Aufsatz in der Mitte mit angesetztem vertikalen Rundhenkel (abgebrochen) und nach vorn gezogener tüllenförmiger Schnauze gekennzeichnete Typ war nicht nur in Ägypten, sondern auch im islamischen Nordafrika und dem maurischen Spanien verbreitet.

Abb. 4: koptisches Sieb (Nr. 192)

Die archäologische Sammlung der Universität wird somit durch die neu geschenkten archäologischen Objekte um bisher nicht vertretene Kulturräume bereichert.

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Literatur: Peter Chr. Wagner: Visuelle Ergänzung der Lehre, in: uni-info 181, 1989, S. 6f.; ders.: Wie die Bibliothek zu einem Museum kam, in: Bibliothek aktuell 56, 1989, S. 59-75; ders.: Antike Kleinkunst in der Universität Konstanz (Sammlung Dufner) - Kurzführer (Konstanz 1989); ders.: Erinnerungen an das Goldland, in: uni-info 192, 1990, S. 19f.; ders.: Die Sammlung Dufner, in: Konstanzer Blätter für Hochschulfragen 100/101, 1990, S. 82-91.

Aufnahmen: Doris Bliestle, Fotolabor der Universität Konstanz.

 

Ansprechpartner/E-Mail: Dr.Peter Wagner

   
     

       
       
  © Bibliothek der Universität Konstanz
Stand: 10. Dezember 2003
URL: http://www.ub.uni-konstanz.de:8099/sammlung.htm